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Pädagogik

Das Bewegte Klassenzimmer

Seit dem Schuljahr 2012/2013 gibt es auch an unserer Schule das sogenannte „Bewegte Klassenzimmer“, ein Unterrichtsmodell, das seit einigen Jahren an zunehmend mehr Waldorfschulen eingeführt wird.

Der ursprüngliche Impuls kam wohl aus Schweden. Maßgeblich für die deutschen Waldorfschulen war das „Bochumer Modell “. Als Antwort auf die Situation der Kinder von heute entwickelte man an der Bochumer Waldorfschule ein Konzept, das es ermöglichen will, Sinnesentwicklung, Bewegungsfähigkeit, Bindungsvermögen, Sozialverhalten und Rhythmusfähigkeit als Basis für das Lernen nachreifen zu lassen.

Durch die Herabsetzung des Einschulungsalters kommen immer jüngere Kinder zu uns. Dies und die Situation, dass Kinder heute weniger Bewegung haben, macht eine Veränderung des herkömmlichen Unterrichts nötig.

Um Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen, aber auch für Aufmerksamkeit, Leistungsfähigkeit, Selbstvertrauen und innere Freiheit brauchen die Kinder ein stabiles Fundament ihrer Körpersinne (Tastsinn, Lebenssinn, Eigenbewegungssinn und Gleichgewichtssinn). Dies wird nur durch Bewegung erreicht. Die heutige Lebenswirklichkeit bietet dazu wenig Gelegenheit oder ist einseitig, also muss dies in der Schule nachgeholt werden.

Um mehr Platz für Bewegung zu schaffen, wurden die Tische und Stühle aus dem Klassenzimmer der ersten beiden Klasse verbannt und durch Bänkchen und Sitzkissen ersetzt. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht nur zum Sitzen und Arbeiten, sondern sehr vielseitig genutzt werden können. Der Raum ist ausgelegt mit einem Teppich und darf seither nur noch mit Hausschuhen betreten werden.

Jeder Schulmorgen beginnt mit einem Parcours, der verschiedene Herausforderungen bietet: Balancieren und Klettern in verschiedenen Höhen, Krabbeln und Robben durch Höhlen und unter Balken hindurch, Hüpfen, Springen, Ringen und Kissenkampf.

Kurz nach 8 Uhr wird alles gemeinsam abgebaut und die Bänkchen zu einem Kreis aufgestellt. Nun sitzen die Kinder auf den Bänken, jedes auf seinem festgelegten Platz. Der Kreis bietet Möglichkeiten der gegenseitigen Wahrnehmung, Gespräche, aber auch für Tänze, Spiele und verschiedene Bewegungsaufgaben wie Seitgalopp, Hopserlauf, Rollen, Entspannung, Rechnen in Bewegung, ... Der rhythmische Teil des Unterrichts ist vielfältig, ausgelassene Bewegungen wechseln mit ruhigen Phasen und Gesprächen.

Danach gibt es einen erneuten Umbau zu Reihen, die frontal zur Tafel ausgerichtet sind. Die Kinder holen sich ein Sitzkissen und ihren Ranzen, nun beginnt die Arbeit an der Tafel und im Heft. Jetzt sind die Bänkchen Tische, an denen die Kinder, rittlings auf ihren Kissen sitzend, arbeiten.

Soweit der Hauptunterricht. Aber auch in den Fachstunden bietet das bewegliche Mobiliar eine Fülle von Möglichkeiten.

In der ersten Klasse sind neben den 38 Kinder zwei Lehrerinnen. Der Umbau von einer Organisationsform zur anderen dauert nur wenige Minuten und die Kindern sind anschließend sofort auf die nächste Aufgabe gerichtet.

Mittlerweile hat sich das „Bewegte Klassenzimmer“ etabliert. Die ersten beiden Klassen sind mit Bänkchen und Kissen ausgestattet, die 3. Klasse mit Stühlen und Klapptischen, die sich schnell und platzsparend zur Seite räumen lassen.

In allen drei Klassen unterrichtet ein Team aus Klassenlehrerin oder Klassenlehrer mit einer Assistenzlehrerin.

Zum Eurythmieunterricht in der Unterstufe

Eurythmie (griechisch: schöner Rhythmus) ist eine Bewegungskunst, die die Gesetzmäßigkeiten der Musik und der Sprache, deren Stimmungsnuancen und Farbigkeit als unmittelbare Ausdrucksform des Menschen in die Sichtbarkeit bringen möchte. 
Eurythmie wurde vorerst als Bühnenkunst präsentiert und dann als sozialkünstlerisches Fach der ersten Waldorfschule 1919 in den Lehrplan bis zur Klasse 12 aufgenommen.
Die Eurythmie in der Pädagogik hat die Aufgabe, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Eurythmie hilft ihnen körperliche Geschicklichkeit und seelische Beweglichkeit, Selbstbewusstsein und soziale Verantwortlichkeit für ihr Handeln u.a. zu entwickeln. Durch den Eurythmieunterricht werden nuancierte soziale Fähigkeiten angesprochen und im feinen Miteinander geübt. Gelingen Kindern und Jugendlichen im gemeinsamen prozesshaften Arbeiten sprachliche oder musikalische Aufgaben, so erleben sie sich selbstwirksam und gestärkt.
Je nach Klassenstufe variieren die Inhalte des Eurythmieunterrichts dem Alter der Kinder/Jugendlichen entsprechend.
In der 1.Klasse begegnen die Kinder der Märchenwelt mit ihren wundersamen Wesen und lernen sich in vielfältigen Verwandlungen zu bewegen. Alle Bewegungen gehen noch nachahmend vom Kreis aus und das musikalische Element der Quinte unterstützt das bildhafte Geschehen.
In der 2. Klasse werden die Lautgebärden schon deutlicher ausgebildet. Die Tierwelt mit ihren charakteristischen Bewegungen bilden den Mittelpunkt des Tuns. Nun kommen auch kleine musikalische oder sprachliche Aufgaben zu zweit an das Kind heran. Die musikalische Stimmung bleibt weiterhin die Quinte.
Fleißig wird in der 3. Klasse an den Lautgebärden weiter geübt und auch das Musikalische wird nun in kleinen Stücken in einfachen Formen selbstständig geübt. Die große Terz und die kleine Terz bekommen für das Kind im Hin-und Herschwingen zwischen Innen- und Außenwelt eine Bedeutung. Es werden nun auch schon einfache geometrische Formen innerhalb des Unterrichtsgeschehens gestaltet.
In der 4.Klasse verlassen die Kinder den schützenden Kreis und stellen sich der Welt frontal entgegen. Nachdem in den ersten drei Schuljahren die Vokale noch Vorrang hatten, sind es nun die Konsonanten, die in Gedichten, Sprüchen und besonders in Verbindung mit der nordischen Alliteration geübt werden. Für die Toneurythmie können die Kinder ihre Fähigkeiten an vielen Musikstücken ausbilden. Anfänglich werden Tonleitern, wie z. B. die C-Dur-Tonleiter geübt.
In der 5. Klasse wird versucht in Verbindung mit dem Hauptunterricht in die Seelenstimmung der alten Kulturen einzutauchen. Der griechische Hexameter und andere Rhythmen werden nun exakt erarbeitet. Den Fünfstern durch die Bewegung im Raum sichtbar werden zu lassen, hat eine ordnende und belebende Wirkung auf die Fünftklässler.
Ab der 6.Klasse kommen Übungen mit dem Kupferstab hinzu, um der nun langsam beginnenden Schwere ein formendes Gegengewicht zu bieten. Das Üben von geometrischen Formen und Formverschiebungen soll das Kind in seiner Willenstätigkeit sowie in seiner Raumorientierung stärken und schützen. In der Toneurythmie lernen die Schüler*innen neben Takt und Rhythmus auch die Tonskalen und Intervallgebärden kennen. Geschicklichkeitsübungen durchziehen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden alle Klassen der Unterstufe. 

 

Handarbeit

Die Waldorfschule schenkt dem Handarbeiten und Werken einen hohen Stellenwert, da sie den Kindern die Möglichkeit geben, ihre künstlerischen und handwerklichen Fähigkeiten zu entfalten.
Indem die Schülerinnen und Schüler mit ihren eigenen Händen arbeiten und gestalten, können sie ihre schöpferische Kraft und ihre Individualität zum Ausdruck bringen.
Dieser künstlerische Prozess ist eng mit dem ganzheitlichen Ansatz der Waldorfpädagogik verbunden, der darauf abzielt, die körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte gleichermassen zu entwickeln.  
Darüber hinaus ermöglichen Handarbeiten und Werken den Schülerinnen und Schülern, ihre Sinne zu schulen und ein Gefühl für Materialien und Formen zu entwickeln.

Dies fördert nicht nur ihre feinmotorischen Fähigkeiten, sondern auch ihre Konzentration, Kreativität und Ausdauer. Durch die praktische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Materialien und Techniken lernen die Kinder, Probleme zu lösen und ihre Vorstellungskraft zu entwickeln.  
Auch im Hinblick auf die sozialen und emotionalen Aspekte des Lernens spielen Handarbeiten und Werken eine wichtige Rolle.
In Gemeinschaftsprojekten lernen die Schülerinnen und Schüler, zusammenzuarbeiten, Verantwortung zu übernehmen und ihre Ideen und Fähigkeiten mit anderen zu teilen.
Insgesamt kann gesagt werden, dass die Handarbeiten und das Werken an der Waldorfschule nicht nur als praktische Tätigkeiten betrachtet werden, sondern als Ausdruck einer ganzheitlichen und künstlerischen Bildung, die die Kinder auf ihrem individuellen Entwicklungsweg unterstützt.

Allgemeiner Lehrplan

Hier finden Sie einen allgemeinen Lehrplan an Waldorfschulen in schematischer Form.

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